Chile gehört zu den führenden Wirtschaftsnationen Lateinamerikas sowie zu den größten Rohstoffproduzenten. Das Land zwischen Anden und Pazifik ist kaum 200 km breit, erstreckt sich jedoch über 4200 km in die Länge – von der Atacamawüste im Norden bis zur Antarktis im Süden. Etwa auf halber Höhe liegt das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes, die Hauptstadt Santiago, in deren Umgebung rund 45 Prozent der Chilenen leben.
Erdbeben- und zukunftssicher saniert
Die deutsche Botschaft befindet sich im Stadtteil Vitacura, die Residenz des Botschafters liegt im nahegelegenen Villenviertel von Las Condes. Das Haupthaus (Baujahr 1944) und der Personalanbau (von 1959) stehen wegen ihrer neoklassizistischen Fassade zusammen mit einem Großteil der Nachbargebäude unter Ensembleschutz. Eine Untersuchung zeigte jedoch, dass das Gebäude „akut erdbebengefährdet“ sei. Vor einigen Jahren wurde es aus Sicherheitsgründen vorsorglich geräumt.
„Zur Erdbebenertüchtigung haben wir das Primärtragwerk nun verstärkt“, erklärt Oliver Heckel, Projektleiter für Auslandsobjekte beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). „Um die Eingriffe so gering wie möglich zu halten, wurde dazu das Innere des Gebäudes über alle Geschosse mit einem Stahlbetonkern versteift. Im Zuge dieser Maßnahme wurden auch sämtliche technischen Anlagen, der Innenausbau, die Fassaden und Fenster sowie die Außenanlagen denkmalgerecht modernisiert.“
Deutsch-chilenisches Bauprojekt
Seit 1955 gehört das Objekt der Bundesrepublik Deutschland. Dies führte bei der Sanierung zu besonderen Herausforderungen: Einerseits wollte man bei der Bauausführung aus Kosten- und Effizienzgründen sowie zur Sicherstellung der Wartung auf örtliche Standards und Partner setzen. Andererseits mussten auch einige deutsche Normen erfüllt werden. Das betraf das vorgeschaltete EU-Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge sowie die Anforderungen an die Sicherheit und die Energieeffizienz des Gebäudes.
Im Vergabeverfahren setzte sich schließlich ein Architektenteam als Generalplaner durch, das sowohl in Deutschland als auch in Chile beheimatet ist. 12.523 km Luftlinie trennen die Gründer von FAR, die seit dem Studium an der RWTH Aachen zusammenarbeiten. Marc Frohn lebt in Berlin, Mario Rojas in Santiago de Chile. Für die international vernetzten Architekten sind Abstand und Nähe die Schlüssel, um neuartige Verbindungen zu knüpfen, etwa bei der Altbausanierung in Chile nach deutschen Energieeffizienz-Kriterien.
Denkmalschutz und Energieeffizienz vereint
„Die Bedeutung der Energieeffizienz wurde in Chile längst erkannt. Seit 2011 gibt es beispielsweise ein Klassifizierungssystem für energieeffiziente Gebäude, wenngleich noch auf freiwilliger Basis“, erklärt Mario Rojas. „Dass die Anforderungen strenger werden, ist klar, unklar ist: wann und wie.“ Um eine eindeutige Orientierung zu erhalten, ließ das BBR die Residenz des Botschafters in Anlehnung an die strengen Anforderungen der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV) Anfang 2014 untersuchen.
Die Gebäudesimulation zeigte, dass die Energiebilanz durch den Einbau neuer Fenster nachhaltig zu verbessern war. Aufgrund der vom BBR geforderten Zertifizierungen, die in Chile unüblich sind, kontaktierte FAR die LIP-GmbH in Bad Salzuflen, ein Spezialist für Sicherheitsisolierfenster und -türen. Dieser entschied sich für Zweifach-Isolierglasscheiben von Nowak Glas aus Bochum mit Thermix Abstandhaltern von Ensinger, teils mit Thermix Wiener Sprossen, um die Sprossenfenster zu ersetzen.
Sicherheit bei engsten Toleranzen
Thermix Abstandhalter bestehen aus hoch wärmedämmendem Kunststoff mit einer Diffusionssperre aus Edelstahl. Sie optimieren die thermische Trennung der Isolierglasscheiben, minimieren die Kondenswasserbildung am Glasrand und ermöglichen Fenster mit sehr gutem UW-Wert. „Zudem ist Thermix starr und stabiler als weiche Abstandhalter“, erklärt Andreas Mertens, Vertriebsleiter bei Nowak Glas. „Das bringt bei großen Glasformaten und bei Verbund-Sicherheitsglas Vorteile“.
Um das Aufmaß für die 55 Fenster mit einer Gesamtfläche von rund 235 m2 zu nehmen, wurde Wolfgang Olschewsky, Geschäftsführer der LIP-GmbH extra eingeflogen. „Bei diesem Projekt waren extrem geringe Einbautoleranzen einzuhalten, besonders im Badezimmer musste die Fensterposition exakt mit dem Raster der handgefertigten Wandfliesen übereinstimmen“. Als die in Deutschland maßgefertigten Fensterelemente in Chile eintrafen, war er erneut vor Ort, um die präzise Montage zu begleiten und zu gewährleisten.
Nun sorgen neue eichengerahmte Sicherheitsfenster und -türen mit einem UW von 1,3 W/m2K für konstante Temperaturen in der Residenz. Das Klima in Santiago ist zwar im Allgemeinen mild, allerdings gibt es oft schroffe Temperaturwechsel. Und auch die Erde bebt immer wieder – wie etwa zwei Wochen nach der Übergabe des Gebäudes mit der Stärke 8,2. Doch das ertüchtigte Gebäude steckt Turbulenzen gelassen weg, ein Sinnbild für die Nachhaltigkeit weitsichtig gepflegter Außenbeiziehungen.
Weitere Informationen: www.bbr.bund.de, www.thermix.de
Das Objekt in Kürze:
Bauherr | Bundesrepublik Deutschland |
Nutzer | Botschafter der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile |
Adresse | Santiago de Chile, Stadtbezirk Las Condes |
Projektleitung | Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR, Abteilung Ausland III A2, Bonn |
Generalplaner | Architektur, Energiekonzept, Interior Design und Objektüberwachung, FAR Frohn & Rojas Planung GmbH, Berlin/Santiago de Chile |
Generalunternehmer | Constructora ECOFAL Ltda., Santiago de Chile |
Fenster und Türen | LIP-GmbH, Bad Salzuflen |
Isolierglas | Isopane, teils als Sicherheitsisolierglas, Nowak Glas, Bochum |
Abstandhalter | Thermix TX.N plus und Thermix Wiener Sprosse, Ensinger, Nufringen |
Gesamtkosten* | 2,01 Mio. Euro, davon 1,46 Mio. € Bauwerkskosten |
Bauzeit | 1 Jahr |
Gesamtfläche | 2928 m2 (Areal) |
Bruttogrundfläche | 962 m² |
Nutzfläche | 555 m² |
*Stand der haushaltsrechtlich anerkannten Kosten einschließlich Honorare. Aufschläge für allgemeine Risiken und zwischenzeitliche Preisindexsteigerungen sind nicht enthalten.