„Wo Controlling erst dann ansetzt, wenn ein innovatives Produkt in Serie geht, ist es um die Kombination von Effektivität und Effizienz schlecht bestellt”, so Balzer. Das Management müsse den ‚Puls’ der Fabrik verinnerlichen, indem es seine Anstrengungen zur Stärkung der Produktsubstanz und konsequentes Kostenmanagement zusammen führe. Das sei das Erfolgsrezept der ‚Hidden Champions’ der deutschen Industrie. Gerade jetzt, wo verbreitet schon ganze Produktlinien aus dem Geschäft genommen würden, sei es unverzichtbar, bei jedem Rationalisierungsschritt die Stabilität der Produktionsprozesse im Auge zu behalten.
Dazu helfe es, von dem Bereich der Fertigung auszugehen, der sich als erster auf veränderte Kundenanforderungen einzustellen habe. Dieser ‚Schrittmacher’ entscheide im Kern über die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens und damit über einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren in der Industrie. „Wer sich auf ein reibungsloses Funktionieren dieses Schrittmachers konzentriert, erfüllt eine puritanische Grundwahrheit der Unternehmensführung: Er vermeidet unter allen Umständen Überproduktion und konzentriert sich auf den Kundennutzen”, betont Balzer.
Wichtig für das Verständnis von Qualität und Kostenmanagement sei es, die häufig große Kommunikations- und Wissenslücke zwischen den Erkenntnissen aus dem Controlling und den Erfahrungswerten in der Produktionshalle zu schließen. Dafür brauche man erfahrenes Personal: „In wirtschaftlichen Turbulenzen braucht es externe Ratgeber und die eigenen Spezialisten. Mit Maßnahmen der Kostenoptimierung kann man maximal mit dem Wettbewerb mithalten. In einer schwachen Marktverfassung geht es jedoch darum, im konkreten Tun durch Andersartigkeit besser zu sein”, mahnt Balzer.
Trotz allem Bemühen um eine Kombination aus Effizienz und Effektivität sei manchmal auch ein Neuanfang der richtige Weg. Der Berater sieht sich durch die um sich greifende Diskussion über sogenannte Planinsolvenzen bestätigt. Wer diesen Weg gehe, gestehe keine Fehler ein, sondern handele aus der Logik heraus, die eigenen Kompetenzen zur Wertschöpfung klar einschätzen zu können. Balzer: „Öfter als mancher mittelständische Unternehmer denkt, ist das der richtige Ansatz, um die strategischen Konzepte und das operative Handeln auf ein neues Fundament zu stellen.” Natürlich müssten vorweg alle alternativen Szenarien ausgereizt sein.
Zur Flexibilisierung in fallenden Märkten sei der Unternehmer beispielsweise gut beraten, kapitalintensive Anlagen durch personalintensivere Arbeitsformen zu ersetzen. Das widerspreche zwar dem klassisch auf eine starke Aktivseite ausgerichteten Controllingideal: „Doch es verschafft das, worauf es heute ankommt: Spielräume.” Weitere differenzierte Ansätze zur Optimierung der Produktion unter Berücksichtigung der Working-Capital-Optimierung enthält das von Harald Balzer herausgegebene Buch „Mehr als Lean: Exzellenz und Krisenmanagement im Mittelstand, das kürzlich im LOG_X Verlag erschienen ist.